Pflichtteilsminderung wegen fehlendem Naheverhältnis

Der Pflichtteil kann gemindert werden, wenn der Verstorbene über einen längeren Zeitraum vor seinem Tod (rund 20 Jahre) zu einem pflichtteilsberechtigten Kind kein Naheverhältnis hatte, wie es zwischen Familienangehörigen gewöhnlich besteht. Der Pflichtteil dieses Kindes kann dann halbiert werden.

Das ist allerdings nur möglich, wenn der Verstorbene nicht selbst den Kontakt zum Kind grundlos gemieden oder berechtigten Anlass für den fehlenden Kontakt gegeben hat.

Die Reduktion des Pflichtteils muss im Testament ausdrücklich verfügt werden. Die Pflichtteilsminderung erhöht die Pflichtteilsansprüche anderer pflichtteilsberechtigter Nachkommen.

Beispiel

Ein verwitweter Vater hat zwei Kinder. Zur Tochter bestand nie eine Nahebeziehung, sie haben nie im gemeinsamen Familienverband gelebt und auch sonst keinen Kontakt unterhalten. Lediglich Alimentationszahlungen wurden geleistet. Nun soll das Vermögen dem ehelichen Sohn zugewendet werden. Die Tochter soll so wenig als möglich erhalten.

Im Testament wird daher verfügt:

„Mein letzter Wille!

Zum Erben setze ich meinen Sohn Peter Sorglos ein. Den Pflichtteilsanspruch meiner Tochter, zu der zeitlebens kein familiäres Naheverhältnis bestand, mindere ich auf die Hälfte.

Klagenfurt, am 1.1.2018

Rudolf Sorglos

Ohne Testament bekämen die beiden Kinder je die Hälfte der Verlassenschaft, weshalb der Tochter grundsätzlich ein Pflichtteil von einem Viertel zustünde. Sie erhält jedoch nur 1/8 der Verlassenschaft als geminderten Pflichtteil, da der Vater die Reduktion des Pflichtteils aufgrund des fehlenden Naheverhältnisses ausdrücklich im Testament anordnet.

Letzte Aktualisierung: 26. Februar 2022